Die Erschließung des Gebäudes fängt schon vor dem Eingang an. Ist der Zugang klar erkennbar? Gibt es Transparenz von Außen nach Innen, damit das Gebäude einladend wirkt und Sicherheit suggeriert? Oder reflektiert sich der Himmel so stark in der Glasfassade, dass dahinter hinter alles dunkel erscheint?
Von unserer Evolution her gehen wir Menschen nicht gern auf die Dunkelheit zu. Mit hell beleuchteten Wandflächen im Innenraum oder sonnenähnlichen Lichtpunkten auf dem Boden können Lichtplaner sicher gehen, dass Nutzer auch von außen schon sehen, wo es hinter der Tür hingeht.
Den Weg weisen
Auch vom Eingangsbereich hinein in die Zuwege des Gebäudes sollte das Lichtniveau nicht merkbar stark abfallen. Akzente an wichtigen Stellen führen den Nutzer durch das Gebäude und vermitteln ihm Sicherheit. Dabei bieten die Regeln der Sicherheitsbeleuchtung (DIN EN 1838) auch für die generelle Lichtplanung gute Hinweise. Ganz besonders, wenn für ältere Nutzer geplant werden soll; denn dann gilt grundsätzlich jeder Weg als sicherheitsrelevanter Bereich und als potentielle Unfallstelle.
Besonders helle Akzente auf Türen, Treppen, jeglichen Niveau-Änderungen am Boden, Kreuzungen und Richtungsänderungen im Gang bilden die Grundelemente für die Wegführung durch Licht. Bei der Verteilung der restlichen Allgemeinbeleuchtung achten Planer auf Gleichmäßigkeit. Sie vermeiden große Gefälle in der Helligkeit, da sonst die hohen Intensitäten in den Akzenten zu großen Hell-Dunkel-Kontrasten führen. Unser Auge kann sich sowohl an sehr helle, als auch sehr dunkle Situationen anpassen bzw. adaptieren. Von einem dunklen Niveau in ein helles geht das sehr schnell, umgekehrt adaptiert das Auge sehr langsam. Bei sehr schnellen Wechseln des Licht-Niveaus, wie z.B. in einem sehr ungleichmäßig ausgeleuchteten Gang oder bei flackerndem Licht, kann unser Auge daher nicht seine optimale Leistung erbringen.
Sicherheit durch Licht
Blendung sollte generell vermieden werden. Auch das ist ein wichtiger Punkt aus der Sicherheitsbeleuchtung, der in der Allgemeinbeleuchtung an Bedeutung gewinnt, je älter die Nutzer sind. Der Glaskörper im alternden Auge ist oft getrübt und streut direkt eintretendes Licht auf, was zu Blendung führt. Das Licht im Auge verhält sich dann ähnlich wie in einem Rauch gefüllten Raum: der Rauch streut eine kleine frei strahlende Lichtquelle auf und es wird schwer, etwas anderes, als das gleißende Licht zu erkennen. Eine eng strahlende, gut abgeblendete Lichtquelle dagegen würde im Rauch nur einen Lichtkegel nach unten erzeugen und das Sehen nicht so massiv stören. Aus diesem Grund sind gut ausgeblendete Leuchten in Erschließungsbereichen eine gute Wahl. Alle Leuchten, die für Büro-Arbeitsplätze vorgesehen sind, entsprechen diesen Kriterien.
Die richtige Lichtdramaturgie
Für die Beleuchtungsstärke in Gängen und Erschließungsbereichen empfehlen unterschiedliche Normen 150 lx und mehr. Bei der Ausführung sind aber zwei Dinge wichtiger, als der gemessene Lux-Wert: Wer sind die Nutzer? und: Welche Materialien und Farben werden verwendet? Nutzen Menschen über 60 die Gänge? Dann kann aufgrund der nachlassenden Sehkraft die Beleuchtungsstärke um 100% angehoben werden, um sicheres Sehen und Gehen zu gewährleisten. Die Materialien sind sehr dunkel? Sehr hell? Sehr kontrastreich? Dann beeinflussen sie die Wahrnehmung der Helligkeit des Raums unabhängig von der Beleuchtungsstärke. Eine schwarze Wand wird immer dunkler erscheinen, als eine weiße – egal wie viel Licht man darauf wirft. Die Material- und Farbwahl kann also sicherheitsrelevant werden. Über die Reflexionsgrade der Oberflächen lassen sich die Leuchtdichten im Raum planen und in die Wegführungsdramaturgie mit einbeziehen.
Eigentlich selbstverständlich sollte sein, dass die Beleuchtung auf den Wegen ins Gebäude schnell zu 100% verfügbar sein sollte. Niemand möchte auf einen unbekannten Gang treten und erst ein paar Schritte gehen müssen, bevor das Licht langsam angeht und hoch dimmt. Orientierung und Sicherheit sollen zu jeder Tages- und Nachtzeit gegeben sein. Gleichzeitig wollen wir Strom sparen und Tageslicht nutzen, deshalb ist der Einsatz von intelligenten Steuerungssystemen notwendig.
Wenn Sie es dem Neandertaler in uns allen leicht machen möchten, dann setzen Sie ihm Lichtinseln, an denen entlang er – von einer zur anderen – durch das unbekannte Gebäude finden kann.
Dieser Artikel erschien zuerst im Architektur und Bau Forum.
Sehr interessant!
Sicherlich gibt es noch spezielle Vorschriften für Fluchtwege. Wie ist dort das Mindestmaß?
Hallo Flo!
Für Sicherheitsbeleuchtung auf Fluchtwegen sollte mindestens 1lx auf der Mittelachse 2 cm über dem Boden gemessen werden. Das ist vergleichbar mit Mondlicht. Die Einschaltverzögerung darf dabei bis zu 60 Sekunden dauern, bis die Leuchte die vollen 1lx erreicht hat. 50% müssen schon nach 5 Sekunden erreicht sein.
Ich hoffe, das hilft. Miriam